12.02.2015
Lommatzsch und seine physikalischen Phänomene
Das Lommatzscher Schwimmbecken ist durchaus zu retten und zu reparieren.
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Da lese ich in der SZ vom 31.01.2015 ja eigentlich schon zum wievielten Mal, dass das Lommatzscher Terence-Hill-Freibad nicht zu reparieren sei, da das dortige Becken im feuchten Untergrund schwimme. Ich denke, es wird Zeit, dieser Behauptung einmal genauer auf den Grund zu gehen. Lassen Sie uns ein einfaches Experiment durchführen: Nehmen Sie einen spitzwinkligen Holzkeil, etwa einen solchen, um Türen zu arretieren. Dass normales Holz schwimmt, weiJ3 ein jeder, Holz hat bei gleichem Volumen ein geringeres Gewicht als Wasser, also eine geringere Dichte! Nun legen Sie den Keil ins Wasser und drücken ihn völlig unter die Wasseroberfläche, so weit bis seine obere große rechteckige Fläche exakt mit der Wasseroberfläche abschließt. Jetzt lassen Sie den Keil los. Was werden Sie feststellen? Der Auftrieb, den der Keil im Wasser besitzt wird ihn ein Stück aus dem Wasser ragen lassen. Aber nicht etwa gleich hoch über seine ganze Länge, sondern an der Keilspitze kaum, dagegen an seiner dicksten Stelle am meisten. Warum ist das so? Weil ein Körper, der auf einer Flüssigkeit schwimmt, genau so viel Masse dieser Flüssigkeit verdrängt, wie er selbst an Masse an dieser Stelle besitzt. Da unser Keil also an seiner Spitze kaum Gewicht hat, wird dort gerade mal die Wasseroberfläche durchstoßen, an seiner stärksten Stelle wird er ein Stück tiefer ins Wasser ragen, jedoch nur soweit, bis das Gewicht des verdrängte Wasser dem des Holzkeils an dieser Stelle entspricht. Der restliche Teil des Keils schaut aus dem Wasser heraus. Experimentieren Sie bitte selbst einmal! Dieses Naturgesetz gilt für alle schwimmenden Körper auch in anderen Medien. Nun zurück zu unserem Lommatzscher Schwimmbecken. Es steht die Behauptung im Raum, dass das Becken im feuchten Lößlehm „schwimmt“ und daher instabil sei. Lößlehm hat eine höhere Dichte als Wasser, darum geht ein ins Wasser geworfener Lößlehmkloß darin unter. Ersetzen wir gedanklich den Holzkeil unseres Experimentes durch ein randvoll mit Wasser gefülltes Becken. Die Geometrie des Schwimmbeckens ist ähnlich der des Holzkeils, im Flachwasserbereich leicht abfallend, dann zum tiefen Teil steiler und bis zur Startblockseite schräg abfallend. Gehen wir nun davon aus, dass das gefüllte Schwimmbecken tatsächlich im Löß schwimmt. Was wäre im Laufe der Jahre mit dem Becken folglich passiert? Es würde sich entsprechend der Naturgesetze genau wie unser Holzkeil im Experiment verhalten. An seiner flachsten Stelle hätte es sich weniger als an seiner tiefsten Stelle heben müssen. Dieser Vorgang ginge allerdings auf Grund der Trägheit der feuchten Lößlehmmasse wesentlich langsamer vor sich, hätte jedoch nach l5 Betriebsjahren immerhin messbar sein müssen. Bei einer Beckenleerung zwecks Reinigung wäre der Auftrieb des jetzt viel leichteren Beckens vor allem an seiner tiefen Seite noch stärker ausgefallen. Dieser Vorgang ginge bei einer erneuten Füllung des Beckens nicht rückgängig zu machen, da das Gewicht der Wassersäule nur ausgereicht hätte, eine Lößlehmmasse gleichen Gewichts zu verdrängen. Folglich würde ein schwimmendes Becken unweigerlich an seiner Oberkante eine Schieflage aufweisen. Ferner wird behauptet, dass der Beton der beiden Längsseiten des Beckens diese Bewegung nicht unbeschadet, also in einer Art Wanne überstehen und das Becken auseinander brechen würde. Als Beweis dafür sollen kleinere Risse gelten, die am Beckenkopf beginnen und sich nach unten verjüngen. Auch diese Annahme lässt sich widerlegen. Wir wissen jetzt, dass sich die Nichtschwimmerseite des Beckens nur gering, der Schwimmerbereich dagegen stärker heben würde. Dieses führe in den Betonseitenwänden zu Zugkräften am Beckenboden und zu Druckkräften am Beckenkopf (Die Fasern eines dünne Holzplättchens, dessen eines Ende fest auf eine Unterlage gedrückt wird, am anderen Ende jedoch nach oben gezogen wird, brechen zuerst an der Unterseite). Die entstehenden Risse müssten am Beckenboden am breitesten sein und sich nach oben verjüngen. Wie nun könnte man eine, wenn auch nur geringe, Schieflage des Beckens feststellen? Jedes moderne Schwimmbecken verfügt über eine umlaufende Überlaufrinne. Damit der Wasserüberlauf aus dem Becken in diese Rinne an allen Stellen gleichmäßig erfolgt, muss die Beckenkante an allen Stellen exakt horizontal ausgerichtet sein, schon 1 bis 2 cm Abweichung würden ausreichen, dies zu verhindern. Ein schwimmendes Becken würde dazu führen, dass in großen Teilen des Schwimmerbereichs kein Wasser in die Überlaufrinne fließen könnte. Tatsächlich traten im Lommatzscher Schwimmbecken zu keiner Zeit Probleme mit dem Überlauf des Beckenwassers in die Rinne auf. Eine den Vorschriften entsprechende Umwälzung war zu jeder Zeit gegeben. Demzufolge hat das Becken seine Lage im Untergrund in den ca. 15 Betriebsjahren nicht geändert. Somit ist ausgeschlossen, dass es im feuchten Lößlehm schwimmt. Kleinere Risse im Beton der langen Seitenwände beginnen am Beckenkopf und verjüngen sich in der Tiefe. Sie können nicht durch Schwimmbewegungen des Beckens entstanden sein.
Eine weitere im Raum stehende Behauptung ist jene, dass „Oberflächenwasser“ zur Ablösung der GFK-Dichtschicht vom Beton geführt haben könnte. Auch diese These lässt sich widerlegen. Die ersten und frühesten Schäden an der GFK-Schicht zeigten sich im Flachwasserbereich, besonders gravierend in dessen flachster Stelle. Das Becken ist dort ca. 60 cm tief. Das Gelände neben dem Becken ist an zwei seiner Seiten aufgeschüttet worden. Daher liegen Straße und Eingangsbereich des Bades unterhalb der Wasseroberfläche. Würde hier drückendes Grundwasser auf die Dichtschicht einwirken, hätten wir vor dem Bad einen See oder Sumpf. Oder aber in Lommatzsch läuft das Wasser bergauf! Die wirklichen Ursachen des Beckenschadens in Lommatzsch sind ganz woanders zu suchen. Bereits nach Aufbringen der GFK-Dichtschicht auf die Betonhülle des Beckens war bekannt, dass die notwendige Zugkraft zwischen Beton und Dichtschicht nicht den Normen entsprach - also Pfusch am Bau, der aus welchen Gründen auch immer so hingenommen wurde. Weiterhin gibt es in anderen Bädern, die ebenso wie Lommatzsch abgedichtet sind, Anweisungen, die Beckenwände und -böden keiner direkten Sonneneinstrahlung auszusetzen. Warum wohl? Bei direkter Sonneneinstrahlung heizt sich ein leeres Schwimmbecken leicht auf 50 °C auf, in der Nacht herrschen zu Zeiten der Beckenreinigung mitunter noch Nachtfröste. In zwei fest verbundenen Materialien mit unterschiedlichem Ausdehnungskoeffizienten entstehen dadurch unweigerlich Spannungen. Da aber der Betonuntergrund keine Bewegungen zuließ und die Haftung des GFK nicht normgerecht war, kam es zu Ablösungserscheinungen bereits Jahre vor den ersten Rissen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann das relativ dünne und spröde GFK-Material reißen würde, dem obendrein im Laufe der Jahre der Weichmacher abhanden kam.
Fazit meiner Ausführungen: Das Lommatzscher Schwimmbecken ist durchaus zu retten und zu reparieren. Nur sollte man ein Dichtmaterial wählen, das von Betonboden entkoppelt ist und eine gewisse Dehnbarkeit besitzt, zum Beispiel Folie. Eine Reparatur mit GFK-Bahnenware wäre sinnlos, da in absehbarer Zeit gleiche Schadensbilder wie jetzt auftreten würden. Die ordnungsgemäße Zugfestigkeit könnte man bei einer Reparatur herstellen, die Sonnenstrahlung als thermische Belastung jedoch auf Grund der Beckengröße nicht vermeiden.
Ich hoffe, ich habe nun den letzten Zweifler im Lommatzscher Rathaus davon überzeugt, dass die Gesetze der Physik in Lommatzsch ebenso gelten wie anderswo, auch wenn man den Bürgern gern ein sanierungsunfähiges Bad eingeredet hätte.
Ihre Hannelore Faerber [zurück zur Übersicht]